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Warum eigentlich? - Vom gesellschaftlichen auftrag eines Jugendverbandes

ein Beitrag von Hansjörg Kopp, Generalsekretär CVJM Deutschland

Das ist ja kein neues Thema. Jugendarbeit und Schule. Wir engagieren uns bereits als CVJM in vielfältiger Weise. Von manchem Engagement haben wir auch wieder Abstand genommen, weil es nicht ausreichend gelungen ist, das besondere Potenzial außerschulischer Bildung deutlich zu machen, unsere Eigenständigkeit zu wahren. Wir mussten uns auch eingestehen, als Ehrenamtsorganisation nicht immer der verlässliche Partner für Schulen sein zu können, welcher in diesem System erforderlich ist.

Nun also auf ein Neues. Warum eigentlich? Weil sich mit dem GaFöG die Rahmenbedingungen in der Arbeit mit Kindern und Jugendarbeit verändern werden. Kinder werden noch mehr Zeit im Umfeld Schule verbringen, sie wird noch stärker nicht nur Lern-, sondern auch Lebensort. Und wir haben den Auftrag, dort zu sein, wo junge Menschen sind. Und wir haben einen spezifischeren Auftrag als Jugendverband für Jugendarbeit:

Egal, ob wir von CVJM, EC, VCP, BDKJ oder von anderen Jugendverbänden sprechen, die wie wir zum DBJR (Deutscher Bundesjugendring) gehören. Sie alle verbindet neben dem individuellen Profil das sich möglicherweise auch in einem religiösen Werteverständnis gründet, was gesetzlich verankert ist: In § 11 des SGB VIII (Sozialgesetzbuch) lesen wir vom Auftrag der Jugendarbeit:

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„(1) Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen. Dabei sollen die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Angebote für junge Menschen mit Behinderungen sichergestellt werden.

(2) Jugendarbeit wird angeboten von Verbänden, Gruppen und Initiativen der Jugend, von anderen Trägern der Jugendarbeit und den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Sie umfasst für Mitglieder bestimmte Angebote, die offene Jugendarbeit und Gemeinwesen-orientierte Angebote.

(3) Zu den Schwerpunkten der Jugendarbeit gehören: außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung…“

Wie kommen wir diesem Auftrag nach?

Unsere Frage lautet demnach nicht: sind wir beauftragt, sondern: Wie kommen wir diesem Auftrag nach und wie setzen wir ihn um? Nun geht es dabei sicher auch um Programme und konkrete Angebote, die wir jungen Menschen machen. Wohlgemerkt außerschulisch und darin steckt eine besondere Herausforderung, wenn wir unsere Rolle im Feld Jugendarbeit und Schule neu klären müssen im Zuge des GaFöG.

Ich mache uns Mut, diesem aktiv nachzugehen, denn wir haben in die Gesellschaft etwas einzubringen, das ohne Jugendverbandsarbeit fehlen würde.

Wir stehen mit unseren Angeboten für Gemeinschaft und damit für Integration. Im CVJM wie in vielen anderen Jugendverbänden auch können junge Menschen soziale Kompetenzen entwickeln und Freundschaften knüpfen oder intensivieren. Die stärkt das gesellschaftliche Miteinander.

Im Jugendverband engagieren sich junge Menschen freiwillig.
Es geht nicht um die Erfüllung von Pflichten oder um eine Verdienstmöglichkeit. Diese Erfahrung stärkt die Bereitschaft, sich auch nach der Jugendzeit fürs Gemeinwohl einzusetzen und stärkt zugleich die Persönlichkeitsentwicklung. Gerade weil Engagement freiwillig ist, kommt ihm eine besondere Qualität und Wirksamkeit zu. Wirksamkeit bei anderen – wie oft ist der Satz zu hören: „Das tust Du freiwillig und ich profitiere davon. Wow, danke.“

Freiwilliges Engagement stärkt Selbstwirksamkeitserfahrungen.
Was ich tue macht einen Unterschied – nicht nur bei anderen, sondern auch bei mir. Weil ich erleben darf, dass mein Handeln Veränderung schafft.

Jugendverbandsarbeit ist Bildungsarbeit.
Damit einher geht Bildung. Non-formale bzw. informelle Bildung. Lernräume jenseits des Unterrichts, die weder mit Notengebung noch mit Wissensaneignung verknüpft sind, sondern mit Erfahrungen, sind von besonderer Wertigkeit.

Als christlicher Jugendverband vermitteln wir Werte.
Wir vermitteln christliche Werte wie Nächstenliebe, Toleranz und Gerechtigkeit. Oft dadurch, dass diese Werte Handeln prägt. Diese Werte sind grundlegende Prinzipien für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben in der Gesellschaft. Ohne unser Engagement würde hier Existenzielles fehlen.
Dazu eröffnen diese Werte Räume für Diskussionen und Meinungsbildungsprozessen in ethischen Themenstellungen.

Weitere Themenfelder lassen sich anfügen wie die Unterstützung von benachteiligen Kindern und Jugendlichen. Jugendverbandsarbeit ermöglicht Chancengleichheit. Wo sie dies nicht tut, muss sie sich selbst hinterfragen. Wir sind ein starker Partner in Themenfeldern wie Prävention und Gesundheitsförderung durch unsere Programme. Im CVJM z.B. durch den ganzheitlichen Ansatz, jungen Menschen Angebote für Körper, Seele und Geist zu unterbreiten. Letztlich trägt Jugendverbandsarbeit zur gesellschaftlichen Stabilität bei: junge Menschen werden in ihrer Entwicklung unterstützt, gewinnen positive Perspektiven, persönliche und gesellschaftliche Resilienz wird gestärkt. Zu Letzterem gehört auch das besondere Potential der Jugendverbandsarbeit in Demokratiebildung.

Unserem Auftrag mit Überzeugung nachkommen
Warum also wirken CVJM, EC; VCP, BDKJ und Co. als zivilgesellschaftliche Akteure? Weil wir – aus Überzeugung – unserem Auftrag nachkommen. Ergänzend zum System Schule. Im Kontext des GaFöG ist dieses Engagement möglich, auch erforderlich. Wir wollen bei jungen Menschen sein, die mehr Alltagszeit und auch mehr Ferienzeit im Kontext Schule verbringen werden. Kindern und Jugendlichen werden noch mehr Freiräume fehlen, um sich in Jugendverbänden zu engagieren, in ihrer Persönlichkeit zu reifen etc. Wir versuchen künftig, unsere Angebote, unsere DNA, unsere Potentiale zu ihnen zu bringen. Wie das gelingen kann, werden wir neu denken und entwickeln müssen. Mit dem Sozialgesetzbuch ist uns ein guter Rahmen gegeben. Und wie können wir dort als christlicher Jugendverband wirken? Zugegeben, weniger durch Programme, aber durch persönliches Zeugnis und das hat eine starke Wirkung. Deshalb: Mutig voran, CVJM & Co.

Hansjörg Kopp, Generalsekretär CVJM Deutschland