November 2015
Stellungnahme zur Flüchtlingssituation in Deutschland
Bei der Mitgliederversammlung des CVJM-Gesamtverbandes am 24. Oktober 2015 in Dassel begrüßen die Delegierten das große und vielfältige Engagement aller CVJM-Vereine, die sich aktuell für die Verbesserung der Situation von Flüchtlingen einsetzen:
- Menschenrechte und internationaler Rechtsschutz sind wichtige gesellschaftliche Errungenschaften und stehen in Einklang mit christlichen Werten. Als CVJM solidarisieren wir uns mit entwurzelten Menschen und engagieren uns für sie in ihrer Not. Christliche Nächstenliebe ist nicht nur Liebe zu denen, die uns nahe stehen, sondern auch und gerade Liebe zu denen, die uns fremd erscheinen. Als Christen sehen wir es als unseren Auftrag an, Geflüchtete aufzunehmen und Entwurzelten Schutz zu bieten (vgl. Dasseler Impulse 2012). Gleichzeitig müssen Fluchtursachen bekämpft werden, damit alle Menschen in ihrer Heimat die Chance haben, in Frieden und Freiheit und ohne wirtschaftliche Not leben zu können.
- Wir freuen uns über das gegenwärtig starke zivilgesellschaftliche Engagement und über die Willkommenskultur, die in Deutschland entsteht. Dazu gehört auch die vielfältige Flüchtlingsarbeit in unseren Vereinen vor Ort, die mit großem Einsatz und oft schon seit vielen Jahren getan wird. Wir ermutigen unsere Mitglieder auf diese Weise "Salz der Erde" (vgl. Die Bibel, Matthäus, Kapitel 5 Vers 13) zu sein, die Fremden an- und aufzunehmen und mit Offenheit, Leidenschaft und Mut voranzugehen. "Es ist unsere Aufgabe als Christen, dafür zu arbeiten, dass eine menschenwürdige Gesellschaft entsteht." (vgl. Bernhäuser Basis 1971). Wir bedanken uns bei allen Verantwortlichen – Ehrenamtlichen, Professionellen in der Flüchtlingsarbeit und Politiker/-innen –, die sich auch gegen alle Widerstände für konstruktive Lösungen der Flüchtlingsproblematik einsetzen.
- Wir nehmen wahr, dass die gegenwärtige Flüchtlingssituation bei vielen Menschen Ängste, Sorgen und kritische Fragen auslöst. Dafür haben wir Verständnis, nicht jedoch für Ressentiments, Gewaltaktionen und Hass. Wir sehen die besondere Aufgabe des CVJM auch darin, "eine Mittler- und Versöhnerrolle in Konfliktsituationen zu übernehmen" (vgl. Challenge 21).
Angesichts einer Tendenz der Verrohung in der gegenwärtigen Debatte setzen wir uns für eine Kommunikationskultur ein, die nicht mit Beleidigungen, Beschimpfungen, gegenseitigen Abwertungen oder gar Drohungen einhergeht. Zu den christlichen Werten gehört der Respekt vor anderen.
Die aktuelle und auch zukünftige Situation fordert unsere Gesellschaft stark heraus. Probleme und soziale Nöte von Inländern und Geflüchteten sollten aber nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Wir wollen uns nicht von einer resignativen oder ängstlichen Haltung leiten lassen, die für uns im Widerspruch zur christlichen Hoffnung steht. Wir sehen in der aktuellen Flüchtlingssituation nicht nur Probleme und Herausforderungen, sondern auch Chancen für unser Land. Wir ermutigen die Geflüchteten, alle Möglichkeiten und Chancen zur Integration und zur Mitgestaltung unserer Gesellschaft zu nutzen und fordern die Politik auf, die dafür nötigen Bedingungen weiter zu schaffen und zu verbessern.
Stellvertretend für die Delegierten der Mitgliederversammlung
und den CVJM in Deutschland,
Karl-Heinz Stengel
Präses CVJM-Gesamtverband in Deutschland e. V.